Der SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel hat vor einem Parlamentsvorbehalt für den EU-Rettungsschirm, wie ihn Teile von CDU und FDP planen, gewarnt. Das Instrument sei dann nicht mehr handlungsfähig. In der Diskussion um die Libyen-Politik der Bundesregierung sieht er vor allem Angela Merkel der Pflicht. Statt Westerwelles Rücktritt müsse man eigentlich den der Bundeskanzlerin fordern.
Vor allem im Umgang mit der Euro-Krise sieht Gabriel die Bundesregierung in einer desolaten Verfassung: „Als wir in die Sommerpause gegangen sind, haben wir uns gedacht, schlimmer kann es mit dieser Regierung eigentlich nicht werden. Aber jetzt müssen wir zugeben, wir haben uns getäuscht“, beschrieb der Parteivorsitzende am Montag in Berlin nach einer SPD-Präsidiumssitzung die Situation. Während der größten Krise der Europäischen Union biete die Koalition lediglich orientierungslose Politik an.
Dabei gebe es keine einfachen Lösungen in der Euro-Krise, räumte Gabriel ein. Anspruchsvolle Lösungen würden aber erst recht von keiner Regierung erarbeitet, „die nichts anderes zu tun hat als an jedem neuen Tag ihr eigenes Chaos zu verbreiten.“ Diese Einschätzung sieht der SPD-Vorsitzende inzwischen auch in Union und FDP verbreitet.
Sowohl im Kabinett als auch in den Parteispitzen der Regierungskoalition werde die Autorität der Bundeskanzlerin zunehmend in Frage gestellt.
Verspielte Glaubwürdigkeit
Eine klare Absage erteilte Gabriel dem Vorhaben aus den Fraktionen von Union und FDP, den Euro-Rettungsschirm mit einem Parlamentsvorbehalt auszustatten. Sollten alle 17 Euro-Länder jeweils über einzelne Arbeitsschritte abstimmen, wäre das Instrument wirkungslos: „Das macht den Rettungsschirm handlungsunfähig“, so die Warnung.
Der SPD-Vorsitzende kritsierte zudem, dass aus der Regierung heraus nicht die deutschen Interessen verdeutlicht würden. Es müsse klar gemacht werden, „dass Deutschland der große politische und wirtschaftliche Gewinner der europäischen Einigung ist und als Exportnation vom Euro profitiert.“ Zudem bringe eine Ideologisierung der Euro-Bonds Deutschland bei der Lösung der Krise nicht weiter.
Aus SPD-Sicht wären die folgenden Schritte notwendig.
- Es muss klar gemacht werden, dass es keinen bequemen Weg aus der Krise gibt.
- Der Rettungsschirm muss zügig umgesetzt werden – ohne Parlamentsvorbehalt in 17 Euro-Ländern.
- In Verbindung mit dem Rettungsschirm soll Einfluss genommen werden auf die Haushaltspolitik der betroffenen Länder.
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer.
- Eine Verständigung innerhalb der EU auf folgende Ziele: Wirtschaftswachstum, Außenhandelsgleichgewicht, Währungsstabilität und ein hohes Beschäftigungsniveau.
„Sparpolitik allein reicht nicht aus um die Krise zu bewältigen“ so Gabriel weiter. Er forderte deshalb ein gerechteres Steuersystem, mit höheren Steuersätzen für Spitzenverdiener und der Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
Der SPD-Vorsitzende missbilligte die Außenpolitik der Bundesregierung. Dass die deutsche Außenpolitik so beschädigt ist wie noch nie seit Gründung der Bundesrepublik sei „ eine Kollektivmaßnahme des Kabinetts gewesen.“ Westerwelle dafür allein zu Verantwortung zu ziehen, sei unzureichend, da Merkel weit mehr Einfluss auf die außenpolitischen Richtlinien hätte, als der deutsche Chefdiplomat. Fordere man Westerwelle zum Rücktritt auf, dann konsequenterweise auch Angela Merkel.
Quelle: spd.de