Anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum „Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts“ am 19.9.2011 erklärt der für Abfallpolitik zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Gerd Bollmann:
Eine weitere Privatisierung in der Abfallwirtschaft, welche die Folge einer Ausweitung gewerblicher Sammlungen wäre, führt nach Ansicht der Sachverständigen zu steigenden Müllgebühren für die Bürger. Dr. Ralf Bleicher vom Deutschen Landkreistag erläuterte diese negativen Auswirkungen am Beispiel von Altpapiersammlungen. Uwe Feige von den Abfallbetrieben in Jena bestätigte die große Gefahr steigender Gebühren aus seinen Erfahrungen vor Ort. Wenn wertvolle Abfallfraktionen aus dem Hausmüll von privaten Entsorgern gesammelt und die Kommunen den nicht verwertbaren Abfall entsorgen müssen, sind steigende Gebühren die logische Konsequenz. Das Problem ist, dass die Kommunen verpflichtet sind, den Hausmüll zu sammeln und zu entsorgen. Die private Entsorgungswirtschaft entscheidet für sich, ob und welchen Abfall sie bei gewerblichen Sammlungen sammelt. Auf dieser Grundlage gibt es keinen fairen Wettbewerb, so Dr. Andreas Zuber, Sachverständiger des Verbandes kommunaler Unternehmen.
Die Lohnstruktur ist ein weiterer wettbewerbsverzerrender Aspekt. Ellen Naumann von ver.di und Uwe Feige hoben hervor, dass kommunale Unternehmen Tariflöhne zahlen. Mit ca. 15 Euro liegt die Entlohnung über dem BDE-Tarif und weit über dem Mindestlohn von 8,24 Euro. Der Mindestlohn hat zwar die Situation für viele Beschäftigte in der privaten Entsorgungswirtschaft verbessert, er muss jedoch weiterhin durch Steuermittel subventioniert werden und verzerrt den Wettbewerb zugunsten der Privaten.
Faire Entlohnung und konstante Abfallgebühren sind nur möglich, wenn die Hausmüllentsorgung in kommunaler Zuständigkeit bleibt. Dies ist nach Ansicht des Sachverständigen Rechtsanwalt Dr. Gassner europarechtskonform. Hartmut Gassner betonte, dass das oberste zuständige deutsche Gericht, das Bundesverwaltungsgericht, in drei Entscheidungen eine Einschränkung gewerblicher Sammlungen für europarechtskonform hält.
Neben den Fragen zur Überlassungspflicht und zum Europarecht äußerten sich die Sachverständigen auch zur 5stufigen Abfallhierarchie. Das sogenannte Heizwertkriterium zur Abgrenzung von stofflicher und thermischer Verwertung wurde von den Sachverständigen kritisch beurteilt. Zumindest müsste das Heizwertkriterium genauer definiert oder zeitlich begrenzt werden.
Zur Umsetzung der Abfallhierarchie sprachen sich die Sachverständigen für Nachbesserungen aus. Insbesondere die Abfallvermeidung muss im Gesetz konkreter ausgestaltet werden. Insgesamt verwiesen die Sachverständigen auf die Notwendigkeit, sowohl im Gesetz, als auch in Verordnungen, Einzelheiten für Recyclingverfahren und Getrenntsammlungen zu konkretisieren. Die SPD sieht sich in ihren Forderungen nach Nachbesserungen im Gesetzentwurf bestätigt.
Quelle: Website Gerd Bollmann, MdB
Steigende Müllgebühren und geringere Löhne durch Ausweitung gewerblicher Sammlungen
