Hört auf uns – Ein Zwischenruf von Bernhard Rapkay

Bernhard Rapkay I MdEP I Stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion

Wir reden zurzeit viel über Europa, mehr als jemals zuvor. Wir haben allen Grund dazu. Seit Beginn der Finanzkrise erleben wir turbulente Zeiten. Wir erleben, wie auf die Pleite von Staaten gewettet wird, wir erleben, wie Staaten in größte Not geraten, weil sie sich am Markt kein Geld mehr beschaffen können, wie in Spanien und Griechenland die mittlerweile höchste Arbeitslosenquote der Welt besteht. Und wir erleben politisch Handelnde, die zögern, abwarten. Die Märkte sind der Politik immer einen Schritt voraus.
Wir Sozialdemokraten haben erkannt, dass die Politik den Märkten Grenzen setzen muss und nicht umgekehrt. Dass wir die Finanzmärkte nicht wie in der Vergangenheit weitgehend unreguliert sich selbst überlassen können. Da sind wir uns einig. Auch darüber, dass ein großer Teil der derzeitigen Kriseninterventionen undemokratisch von den Staats- und Regierungschefs beschlossen wird, in der Sache oft nicht gut gemacht. Kein Wunder, die Mehrheit der Staats- und Regierungschefs ist zurzeit konservativ- liberal. Da kann man keine sozialdemokratischen Lösungen erwarten.
Wo wir uns aber weniger einig zu sein scheinen, ist die Frage, wo eigentlich Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele beschlossen werden. Ein Teil unserer Partei, vorneweg die Parteiführung, scheint zuweilen zu vergessen, dass die einzig relevanten demokratisch legitimierten Akteure unserer Partei, die in der diesbezüglichen europäischen Gesetzgebung mitentscheiden, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind. Dies gilt für die Finanzmarktaufsicht, die Regulierung von Ratingagenturen, Hedge Fonds und Private Equity, die Eigenkapitalhinterlegung sowie die Einlagensicherung. Das sind nur wenige Beispiele und nur aus der Finanzmarktregulierung!
Das wird alles nicht in Kommunen, Landeshauptstädten und nicht in Berlin entschieden. Wer aus den Reihen der SPD aber tatsächlich unmittelbar mitwirkt bei europäischen Gesetzen, die unverzichtbar wichtige Schritte in Richtung eines Europas mit reguliertem Markt und dem Primat der Politik (nicht des Marktes!) sind, das sind wir Europaparlamentarier!
Was wir zurzeit erleben, ist nicht mehr nur eine Krise der Finanzen, der Wirtschaft, der Währung oder einzelner Staaten. Wir erleben eine Krise Europas. Da müssen wir gegenhalten! Wir Sozialdemokraten waren nie Anhänger nationaler Egoismen, wie wir sie jetzt gerade erleben. Ein entsolidarisiertes Europa war nie unser Europa. Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen: Wir sind da! In Europa, für ein sozialdemokratisches Europa. Und wir Europaabgeordneten handeln dafür. Tragt das bitte weiter!
Der Artikel ist im Original im Vorwärts in der Oktoberausgabe erschienen.
Quelle: Bernhard Rapkay, MdEP