Rede von Axel Schäfer zum Thema Opel in der Aktuellen Stunde im Plenum des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 13. Dezember, 2012:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als in Bochum direkt gewählter Abgeordneter, zusammen mit Gerd Bollmann, möchte ich mich anlässlich dieser Debatte zunächst einmal bei all den Kolleginnen und Kollegen bedanken, die gesagt haben: Wir werden euch vor Ort solidarisch unterstützen. – Ich werde die Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb daran erinnern, wenn es politische Entscheidungen zu treffen gilt und wenn es darauf ankommt, die eigene Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen. Demokratie ist eine Frage des guten Gedächtnisses.
Ich will auch etwas aus 40-jähriger persönlicher Erfahrung sagen. Ich bin mit diesem Werk, auch wenn ich dort nur ein Wochenpraktikum mit Montage am Band und vielem anderen mitgemacht habe, eng verbunden. Ich bin das schon seit meinen Zeiten als Jugendsprecher, als junger Gewerkschafter. Ich führe viele, viele Gespräche mit Betriebsräten, mit Vertrauensleuten und war auch auf unzähligen Belegschaftsversammlungen. Ich weiß schon, wie man dort tickt. Was wir an Unternehmensentscheidungen erlebt haben – nicht nur das Was, sondern auch das Wie –, war menschenverachtend gegenüber den Beschäftigten, die dort tagein, tagaus arbeiten.
Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt, dass von GM oder auch vom Opel-Vorstand Versprechungen gemacht worden sind, Pläne entwickelt wurden, dann aber wenig oder weniger umgesetzt worden ist und Dinge nicht eingehalten worden sind. Wir haben erlebt, dass die Kolleginnen und Kollegen dort Verzicht geübt und gleichzeitig weiterhin exzellente Autos gebaut haben. All das hat dies nicht zu dauerhafter Sicherheit geführt, die notwendig gewesen wäre.
Wir haben am Montag eine Belegschaftsversammlung erlebt. Zu ihr kamen drei Vorstandsmitglieder von Opel durch die Vordertür. Ein Vorstandsmitglied hat eine Erklärung abgegeben. Nach 15 Minuten, als der Betriebsratsvorsitzende zur Diskussion aufgerufen hat, ist dieses Vorstandsmitglied mit seinen Kollegen durch die Hintertür verschwunden. Das war inakzeptabel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das werden wir uns politisch so nicht gefallen lassen. Das muss auch einmal als unsozial und als Raubtierpolitik, wie man sich den Kapitalismus nur malen kann, benannt werden. So geht es nicht! Wenn man Verantwortung hat, muss man sich ihr auch stellen, und zwar Auge in Auge, auf Augenhöhe, indem man miteinander redet, indem man zuhört und indem man gemeinsam nach Lösungen sucht. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort haben dafür wirklich verdammt viel investiert.
Wenn ich von der Union „Gewerbesteuerproblem Opel Bochum“ höre, kann ich nur sagen: Opel zahlt seit Jahren überhaupt keine Gewerbesteuer. Wovon reden Sie denn in diesem Zusammenhang überhaupt? Ich habe Ihren ehemaligen Generalsekretär, Herrn Geißler, in der Talkshow erlebt. Dort hat er gesagt: Bochum, diese marode Stadt. Ich halte dagegen, Herr Geißler: Bochum, diese lebendige Stadt. Ihre Aussage ist eine Unverschämtheit. Wir lassen das hier in diesem Hause nicht unwidersprochen stehen.
Die Landesregierung hat sich engagiert; in der Tat mit ganz klaren Vorgaben auch in Bezug auf das, was von der Arbeitsgruppe bereits vor dem schrecklichen Montag eingestielt worden ist: GM muss zum Thema „keine betriebsbedingten Kündigungen“, zum Thema „Sicherung und Schaffung von innovativen Arbeitsplätzen“, zum Thema „Entwicklung von Gewerbeflächen“ in die Pflicht genommen werden. Das muss gemacht werden. Die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP können über das Ruhrgebiet erzählen, was sie wollen. Sie haben doch gerade bei der Landtagswahl die schlimmste Niederlage Ihrer Geschichte erlebt. Das war das Urteil der Menschen dort über Ihre Politik. Sie haben ihre Unterstützung für die SPD und die Grünen und damit für diese Regierung ausgesprochen. Für all diejenigen, die noch nicht da waren: Wir sind stolz darauf, dass wir 50 000 organisierte Gewerkschafter haben. Wir sind aber genauso stolz darauf, dass wir mittlerweile 50 000 Studierende an einer Universität und sieben Hochschulen haben.
Wir sind genauso stolz, dass wir mittlerweile 22 museale Einrichtungen und 25 Theater in den verschiedensten Sparten haben und auf dem Weg zu so etwas wie einem National Health Center sind. Das sind neue Werte.
Wir werden damit weitermachen. Wir haben obendrein mit Starlight Express das erfolgreichste Musical der Welt, und wir wissen, wie es ist, wenn man neue Wege gehen muss.
Diese neuen Wege werden wir auch gehen. Dazu gehört für unser Regierungsprogramm zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen der Ausbau der Arbeitnehmermitbestimmung. Denn diese haben im Betrieb nicht nur etwas zu schaffen, sondern auch etwas zu sagen. Sie haben Kompetenz und sie können es einfach.
Das heißt auch, dass wir die gesamtwirtschaftliche Mitbestimmung, Stichwort Wirtschaftsdemokratie, wiederbeleben müssen. Das ist unsere Aufgabe, und das ist unser Versprechen für 2013. Sie können davon ausgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP: Das werden die Bürgerinnen und Bürger im nächsten Jahr einlösen und uns verpflichten, das auch zu tun.
Vielen Dank.