Faire Kostenverteilung bei der Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge (B2, 13.06.2016)

SPD Bochum Ortsverein Bochum-Langendreer

Parteitag der SPD Bochum – 13. Juni 2016 – Jahrhunderthaus Bochum

Antragsnummer: B2
Antragsteller: SPD-Ortsverein Bochum-Langendreer
Betreff: SGB Flüchtlinge
SPD Bochum Ortsverein Bochum-LangendreerDer Unterbezirksparteitag möge beschließen, folgenden Antrag „Faire Kostenverteilung bei der Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge“ zum nächsten Landesparteitag einzubringen:
Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, ein Gesetz mit folgenden Eckpunkten in den Deutschen Bundestag einzubringen:

  • Das Asylbewerberleistungsgesetz wird abgeschafft. Stattdessen werden die Asylbewerber in die Sozialsysteme der SGB Bücher integriert.*
  • Die von den Kommunen bisher noch zu tragenden Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II werden auf den Bund übertragen. § 46 SGB II ist insofern anzupassen.
  • Soweit die durch die Integration der Flüchtlinge entstehenden Mehrkosten nicht ohne Verletzung der Schuldenbremse finanziert werden können muss der Bundestag gemäß 115 GG eine Notsituation feststellen, die die Einhaltung der Schuldenbremse im Bundeshaushalt für die nächsten 3 Jahre aussetzt.

* Die durch die Integration der Flüchtlinge entstehenden Personalkosten werden ebenfalls vom Bund übernommen.
Begründung:
60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Kriegerische Auseinandersetzungen, Verfolgung wegen Religion oder politischer Überzeugung, Herkunft oder Stammeszugehörigkeit sind nur einige Gründe, warum Menschen ihre Heimatländer verlassen und Zuflucht in sicheren Staaten suchen. 330000 sind allein im Jahr 2015 nach NRW gekommen.
Unsere Städte und Gemeinden bekennen sich wie das Land zu ihrer humanitären Verpflichtung und sind in hohem Maße bereit, auch weiterhin Hilfe bei der Aufnahme und Unterbringung, wie auch der Integration der Flüchtlinge zu leisten.
Die Kosten der Aufnahme, Unterbringung und Integration führen in vielen Kommunen zu dauernden finanziellen Belastungen, die insbesondere von den Stärkungspaktkommunen nicht alleine getragen werden können. Neben den Kosten für sozialen Wohnungsbau, dem Ausbau von Kita und Schulen sind die Aufwendungen für Sozialleistungen die Kosten, die die Kommunalhaushalte in eine massive Schieflage bringen.
Das Land hilft den Kommunen soweit es möglich ist. Mit den insgesamt 4 Milliarden Euro Flüchtlingskosten für 2016 stößt aber auch der Landeshaushalt an seine verfassungsrechtlichen Grenzen.
Die Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen ist keine Angelegenheit von Ländern und Kommunen alleine, sondern eine Gesamtstaatliche Aufgabe, an der sich auch der Bund beteiligen muss.
Die Beteiligung des Bundes muss nach der Zuständigkeitsaufteilung des Grundgesetzes insbesondere im Bereich der Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge erfolgen und zwar auch dann, wenn sie anerkannt wurden, oder ein dauerndes Aufenthaltsrecht erhalten haben.
Bei gleichbleibender Anzahl von neu ankommenden Flüchtlingen werden die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu leistenden Kosten in 2016 10 Milliarden Euro übersteigen. Der von den Städten zu leistende Beitrag zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22a SGB II dürfte nach einer Schätzung des deutschen Städtetages im Jahr 2016 bei 1,5 Milliarden Euro liegen.
Diametral hierzu liegen die zu erwartenden Einnahmen der Kommunen. Die prognostizierten Steuereinnahmen der Kommunen sollen nach neuester Schätzung in den Jahren 2015 bis 2018 jährlich um mindestens 1 Milliarde Euro unter den bisherigen Erwartungen liegen. Die strukturellen Defizite in den Kommunen führen vielerorts dazu, dass wichtige Investitionen in die kommunale Infrastruktur nicht getätigt werden können. Der Investitionsstau wird bereits jetzt auf mindestens 118 Milliarden Euro beziffert (KfW-Kommunalpanel 2014). Auch die soziale Infrastruktur kann nicht in ausreichendem Maße gewährleistet werden, was dazu führen kann, dass der soziale Friede nachhaltig gestört wird, und rechtsextreme Parteien noch mehr Befürworter finden.
Im Gegensatz zu den Kommunalhaushalten weist der Bundeshaushalt einen Überschuss für 2015 von mehr als 12 Milliarden Euro auf ((BMF, 2016). Daher ist es im Rahmen der gesamtstaatlichen Verantwortung unverständlich, warum der Bund nicht die Kosten aller Sozialhilfeempfänger im vollen Umfang übernimmt.
Bis 1993 haben Asylbewerber und andere Hilfsbedürftige Sozialhilfe vom Bund erhalten. Das dann verabschiedete Asylbewerberleistungsgesetz, das die Kostenlast auf die Länder bzw. Kommunen verlagerte und die Leistungen im Vergleich zu anderen Hilfeempfänger erheblich absenkte, wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 18. Juli 2012 für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil führte aus, dass es grundsätzlich nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist, wenn Asylbewerber nicht die gleichen notwendigen Leistungen erhalten, wie andere Hilfsbedürftige. Insofern haben die Länder schon bei Neufassung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Jahr 2014 gefordert, dass das Asylbewerberleistungsgesetz ganz
abgeschafft werden soll und alle Hilfsbedürftigen die gleichen Sozialleistungen
vom Bund erhalten.
Auch die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II durch den Bund ist angesichts der oben dargestellten ungleichen Steuerverteilung zwischen Bund-Ländern und Gemeinden notwendig, um auch den Kommunen den nötigen Handlungsspielraum bei der Versorgung und Integration von Flüchtlingen und der Bewältigung von sonstigen Sozialmaßnahmen und Infrastrukturmaßnahmen zu ermöglichen.