Wie die Mitbestimmung in die Betriebe kam – das Betriebsverfassungsgesetz

„Der 19. Juli ist für die Mitbestimmung in Betrieben ein wichtiger Tag.
Vor 70 Jahren beschloss der Bundestag ein schwaches Gesetz, welches die Rechte der ArbeitnehmerInnen und die der Betriebsräte stärken sollte.

Über die Jahre hinweg wurde das Gesetz auf Druck von den Gewerkschaften aber auch der SPD novelliert und bekam vor 50 Jahren seine Neuauflage als Betriebsverfassungsgesetz.

Zuletzt wurde das Gesetz um den Betriebsrätemodernisierungsgesetz im vergangenen Jahr verbessert und die Mitbestimmung im Betrieb gestärkt.

Für uns als SPD ist es wichtig, dass es vereinfacht wird, unter anderem einen Betriebsrat in den Betrieben zu gründen.  Wie hat Willy Brandt mal eins gesagt, „Mehr Demokratie wagen!“

(Tim Radzanowski, Beisitzer der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit auf Bundesebene)

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Zur Historie:

  • Januar 1920: Das erste Betriebsrätegesetz

Reichskanzler Gustav Bauer (SPD) hatte im August 1919 einen Regierungsentwurf für ein Betriebsrätegesetz vorgelegt Im Ergebnis wurde Betriebsräten Rechtssicherheit und eine Basis für die Praxis geboten, jedoch die Begrenzung der Mitsprache auf soziale Angelegenheiten und auf die Verpflichtung auf den Betriebsfrieden begrenzt. Der eigentliche Entwurf wurde, der in den parlamentarischen Beratungen von den Konservativen und Liberalen stark verwässert wurde

  • Juli 1952: Bundestag beschließt schwaches Gesetz

Ein neues Betriebsrätegesetz ermöglichte Betriebsratswahlen.

Die Mitbestimmung der Betriebsräte blieb auf betriebliche Sozialfragen beschränkt und verpflichtete sie auf betriebliches Wohlverhalten. Der Bundestag beschloss am 19. Juli 1952 gegen die Stimmen von SPD und KPD eine schwache Betriebsverfassung. Mit Tarifverträgen haben die Gewerkschaften – wo möglich – die Handlungsspielräume für Betriebsräte erweitern können.

  • Oktober 1970: Willy Brandt fordert mehr Mitbestimmung

In seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1970 plädierte Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) für weitreichende Mitbestimmung und Mitverantwortung in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft.

  • Januar 1972: neues Betriebsverfassungsgesetz

Am 10. November 1971 machte der SPD-Sozialexperte, Ernst Schellenberg, deutlich: „Erstmals erhalten die Arbeitnehmer durch das Gesetz ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung ihres Arbeitsplatzes. Erstmals stellt ein Gesetz sicher, dass die Arbeitnehmer bei Rationalisierung, Automation und anderen Betriebsänderungen vor den sozialen Folgen des Strukturwandels der industriellen Gesellschaft geschützt sind. (…) Dieses neue Betriebsverfassungsgesetz verbessert die Stellung des Arbeitnehmers in der Gesellschaft von heute.“ Das Gesetz trat am 19. Januar 1972 in Kraft.

  • Dezember 2021: Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Das neue Betriebsverfassungsgesetz hat die Handlungsspielräume gegenüber dem alten Gesetz qualitativ verbessert. Die Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitsplätzen wurden mitbestimmungspflichtig, mit Einigungsstellenverfahren konnten nunmehr Betriebsänderungen stärker beeinflusst werden, Kündigungsschutz und Freistellungen – auch für Schulungen – hat das Gesetz deutlich verbessert. Die Jugendvertretung bekam eine rechtliche Aufwertung. Mit dem neuen Handlungsrahmen waren die Betriebsräte nunmehr in die Lage versetzt, Veränderungen in der Arbeitswelt, etwa durch neue Techniken und Managementmethoden, zu Gunsten der Beschäftigten zu beeinflussen.

Zitiert wird hier aus einem Beitrag, der zunächst im Online-Debattenmagazin des DGB unter gegenblende.dgb.de erschien.