Bochumer Erklärung zur Reichspogromnacht vor 85 Jahren am 9. November 1938

Liebe Bochumer:innen,

die Nacht vom 09. auf den 10. November 1938 ist als Reichspogromnacht in die Geschichte eingegangen. Synagogen brannten, jüdische Geschäfte wurden geplündert und zerstört. Deutschlandweit werden 20.000 Menschen verhaftet. Viele wurden verletzt, misshandelt und unzählige ermordet. Die Reichspogromnacht markierte den Übergang von nationalsozialistischer Ausgrenzung und Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer systematischen Verfolgung und Vernichtung.

Auch in Bochum gab es zahlreiche Gewalttaten gegen die jüdische Bevölkerung. In der Nacht des 09. November brannten die Synagogen in Bochum und Wattenscheid vollständig aus, die in Flammen stehenden Synagogen wurden von den eintreffenden Feuerwehren nicht gelöscht, sondern nur die angrenzenden Gebäude von einem Übergreifen der Flammen geschützt. Die jüdische Schule wurde verwüstet, ebenso wie zahlreiche jüdische Geschäfte im Stadtgebiet. Darunter das Kaufhaus Fröhlich an der Lothringer Straße in Gerthe, das angezündet und zertrümmert wurde. Die Familie des jüdischen Eigentümers Rosenthal floh aus Bochum. Am Morgen des 10. November wurde auch die Wattenscheider Synagoge ein Opfer der Flammen.

In Zeiten, in denen eine gesichert rechtsextreme Partei an Zuspruch gewinnt, antisemitische Hassverbrechen in Deutschland zunehmen, sich der Antisemitismus auch in der Sprache neue Bahnen bricht und Israel sich in einem Krieg wiederfindet, ist der 9. November für uns ein Tag der Mahnung und des Erinnerns.

Für uns ist klar, dass alle demokratischen Kräfte im Angesicht von Hass, DiskriminierungRec und Menschenfeindlichkeit für unsere demokratischen Werte gemeinsam einstehen müssen. Unsere Werte sind geprägt von Solidarität und Freiheit in einer demokratischen Gesellschaft. Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft oder seiner Religion frei und gleichberechtigt leben kann. Die Verbrechen vom 9. November 1938 sind eine Mahnung an uns alle, niemals nachzulassen in unserem Kampf für unsere Werte.

Wir stehen klar an der Seite unserer jüdischen Mitbürger:innen und an der Seite Israels. Wir sprechen uns klar gegen jede Form antisemitischer Verbrechen und für eine starke, freie und respektvolle Demokratie aus. Die Stärke Bochums ist und bleibt ihre Vielfalt. Bochum ist ein Ort, an dem alle Menschen willkommen sind, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Glauben. Jüdisches Leben gehört zu Bochum. Es erfüllt uns mit Sorge, wenn Jüd:innen sich in der Bochumer Öffentlichkeit unsicher fühlen. Es ist unsere Pflicht, ihre Sicherheit zu gewährleisten.

Mit demokratischem Engagement und in Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht, stehen wir heute 85 Jahre nach dem Schrecken der Nacht vom 9. November vereint für eine demokratisches Bochum.

Ihre

SPD Bochum