In Bochum geht was! Bochum ist dank umsichtiger Wirtschaftspolitik nicht mehr nur vom Strukturwandel geprägt, sondern längst ein vielseitiger Standort für Wissenschaft, Gesundheits- wesen, Handel, Dienstleistung, Industrie, Logistik, (Kunst-)Handwerk und Kultur geworden. Und Bochum setzt eigene Maßstäbe. Das hiesige Wirtschaftsleben prägen mehr und mehr junge UnternehmerInnen mit neuen mutigen und kreativen Geschäftsideen.
Doch welche Wünsche und Erwartungen richten die UnternehmerInnen an die politische Steuerungsseite? Gibt es Bedarfe, die bislang zu wenig Gewicht bekommen haben? Wie sehen und beurteilen die ansässigen Wirtschaftstreibenden den Arbeits- und Lebensraum Bochum? Gibt es ungesehene Unterstützungserfordernisse? Diese und weitere Fragen haben wir, der Corona- Pandemie zum Trotz, offen diskutiert, und dazu am Donnerstag, den 27.08.2020, in der Zeit von 18:30 – 20:30 Uhr, ins Fritz-Husemann-Haus der IGBCE in Bochum eingeladen.
In einer lebhaften Diskussion konnten wir gemeinsam mit Wirtschaftstreibenden und weiteren Akteuren aus dem Bereich der Bochumer Wirtschaftsförderung folgende Punkte festhalten, die den UnternehmerInnen am Herzen liegen:
Die Stadt muss mehr für Kleinst- und KleinunternehmerInnen tun! Diese haben auch einen großen Anteil am städtischen Wirtschaftsleben. Es scheint immer nur um die „Gro- ßen“ zu gehen“. Ob Kleinst- oder Kleinunternehmen: Beide haben Wachstumspotenziale, die es gezielt zu fördern gilt, etwa durch Steuererleichterungen (die sich nicht zur Steu- ervermeidung eignen; etwa durch gezielte Ausgründungen etc.), Freiräume für Concept- stores (Pop-up-stores) oder bezahlbare Nutzflächen. Viele dieser UnternehmerInnen fühlen sich durch die politisch Verantwortlichen nicht gesehen!
Unternehmerservices sollten ausgebaut werden. UnternehmerInnen brauchen Küm- merer, die für Sorgen und Anliegen direkt ansprechbar sind. Insb. GründerInnen benötigen umfangreiche Informationen und Hilfen, bzgl. Chancen und Risiken damit Anfän- gerfehler vermindern werden. Auch braucht es manchmal ergänzende Perspektiven zu den Geschäftsideen, damit sich GründerInnen trauen und langfristig bestehen. Wünschenswert wäre ein UnternehmerInnen-Pate (auch für Finanzfragen), der durch die Stadt (Wirtschaftsentwicklung) getragen wird. Auch ein Mentoring Programm, das über die ersten 1-3 Jahre hinausgeht sollte angedacht werden. Die aktuellen Strukturen reichen nicht aus und sollten sinnvoll ergänzt werden.
Entbürokratisierung, schnelle Behördengänge. Wie auch in anderen Bereichen ist es wichtig, dass die zuständigen Behörden viel schneller agieren. Insb. während der Corona- Pandemie wurden UnternehmerInnen alleine gelassen bzw. sahen sich sehr langen War- tezeiten ausgesetzt. Wir brauchen deshalb eine Digitalisierungsoffensive für die Bochumer Behörden. Das beinhaltet eine Erweiterung der bereits angebotenen online Funkti- onen damit für alle Beteiligten ein Mehrwert entsteht.
Von der GigabitCity zur Smart City. Neben der Digitalisierung der Behörden braucht es eine nachhaltige und datenschutzkonforme Vernetzung von städtischen Akteuren und lokalen Unternehmen, insbesondere mit Blick auf den lokalen Einzelhandel ist eine aktive Wirtschaftspolitik dringend geboten. Damit der Handel der gestiegenen Nach- frage nach lokalen Online-Angeboten, durch das veränderten Einkaufsverhalten der Kun- dInnen, entsprechen kann. Kurz: der Onlinekanal ist der Gewinner der Coronakrise. Dies beinhaltet die Unterstützung der Digitalisierungsanstrengungen der Händler mit entsprechenden personellen Einsatz sowie der Erweiterung, um städtische Serviceangebote in Kooperation mit den lokalen Einzelhändlern wie z.B. digitale Sightseeing bzw. Shop- ping Touren, Same-Day-Lieferangeboten oder ähnliche ortsabhängige smarte Servicean- gebote. Neben dem Handel sind auch lokale Dienstleistungsunternehmen, die Gastronomie sowie das Handwerk mit zu berücksichtigen. Für den Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahmen ist ein beschleunigter Ausbau für eine hohe Netzabdeckung im ganzen Stadtgebiet essenziell.
Kreativität braucht Freiräume. Die Stadt sollte diese niedrigschwellig zur Verfügung stellen, z.B. in einem Teilbereich einer alten Industrieanlage (Westpark) oder direkt in der Innenstadt (Kortumstraße). Die Stadt sollte deshalb, dass Projekt „Tapetenwechsel“ aus der Bochum Strategie auf weitere „Locations“ ausweiten.
Die in Bochum ansässigen UnternehmerInnen wünschen sich einheitlich mehr Grün, mehr Sauberkeit, mehr Sitzgelegenheiten, mehr Spielplätze, generelle mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt und in den innenstadtnahen Bezirken (autofreie oder -reduzierte Straßen und mit neuen Begrünungskonzepten machen den Standort für Han- del und Dienstleistungen attraktiver).
Mehr Parkplätze für Unternehmen (tagsüber), die PendlerInnen beschäftigen (Quar- tiersparkplätze sind insb. in den innenstadtnahen Bezirken notwendig). Generell braucht es eine bessere Erreichbarkeit der innerstädtischen Arbeitsplätze: z.B. durch verbesserte Parkplatzmöglichkeiten von UnternehmerInnen, Fahrradschnellverbindungen mit Abstellmöglichkeiten und ein Städteübergreifenden ÖPNV-Taktfahrplan. Ein lang- fristiges Ziel muss ein städteübergreifendes integriertes Verkehrskonzept für das gesamte Ruhrgebiet sein. Bochum muss hier zum Impulsgeber und Antreiber werden.
Auch sollte die Stadt Bochum als Investor (jedenfalls in ausgewählten Fällen) oder Bürge in Erscheinung treten, um soziale und ökologische Geschäftsmodelle zu realisieren (die Beteiligung an dem Windpark Borkum II der Stadtwerke Bochum als Teilhaber der Trianel Erneuerbare Energien GmbH ist ein richtungsweisendes Beispiel!).
Die Mittelschicht hat Wohnprobleme in Bochum: Bei neuen Wohnkomplexen werden unterste Einkommensgruppen oder deutlich besser Verdienende berücksichtigt. Viele Kleinst- und KleinunternehmerInnen haben mittlere Einkommen, wie auch viele andere BürgerInnen in Bochum. Es braucht guten bezahlbaren Wohnraum für Singles, Paare und Familien mit mittlerem Einkommen! Damit Bochum nicht nur ein Arbeitsstandort bleibt, sondern auch ein Zuhause für viele Fachkräfte werden kann!
Die Stadt sollte sich strategisch mit anderen Städten vernetzen und Best-Practice- Austausch ermöglichen. Besonders, wenn es um digitale und sozial-ökologische Stadtentwicklung geht.
Ulrich Schipp und Sören Bärsch
Wirtschaftspolitik der Bochumer SPD:
Innovativ. Nachhaltig. Für die Menschen.